Überholtes Defizitmodell des Alterns

Lange Zeit wurde Altern weitgehend mit einem Verlust von Leistungsfähigkeit gleichgesetzt.

Physische Leistungsfähigkeit:
Im Hinblick auf die physische Leistungsfähigkeit trifft zwar zu, dass diese im Verlauf des Alterns abnimmt. Dies geschieht mitunter allerdings schon sehr früh und nicht erst wenige Jahre vor der Pensionierung.

  • Charakteristika physischer Leistungsfähigkeit, wie etwa Schnelligkeit, Flexibilität oder Kraft erreichen bereits zwischen Pubertät und frühem Erwachsenenalter ihren Höhepunkt.
  • Auch Sinnesfunktionen wie das Sehen und Hören verschlechtern sich im Laufe des Lebens, das Hörvermögen bereits ab dem 20. Lebensjahr (vgl. Maintz 2004, 42-44). Die Reduktion der physischen Leistungsfähigkeit ist – abgesehen vom Altern – von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren abhängig: neben alterungsbedingten und psychosozialen Faktoren zählen dazu auch arbeitsbedingte Einflüsse.


Kognitiv-mentale Fähigkeiten und soziale Kompetenzen:
Gleichzeitig sind kognitiv-mentale Fähigkeiten und soziale Kompetenzen bei Älteren häufig stärker ausgeprägt.
Beispielsweise

  • die Fähigkeit, das Wesen eines Problems in seiner Komplexität zu erfassen, zu verstehen und lösungsorientiert zu bearbeiten (Problembewältigung).
  • Der kreative Einsatz von Erfahrungswissen kann die Arbeitsbewältigung deutlich verbessern.
  • Das geschärfte Bewusstsein für eigene Grenzen und Möglichkeiten verbessert soziale Kompetenzen ebenso wie eine höhere Akzeptanz und Toleranz für unterschiedliches Denken, Wissen, Fühlen und Handeln von Individuen.


Hinzu kommt, dass Abbauprozesse der physischen Leistungsfähigkeit vermieden bzw. verlangsamt werden können, beispielsweise durch eine alternsgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen:

  • so kann etwa dem Nachlassen der Sehkraft durch eine Verstärkung der Beleuchtung und/oder die Erhöhung des Kontrasts an Sicht- und Messgeräten entgegengewirkt werden,
  • das Nachlassen der Kraft kann kompensiert werden, indem Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass sie kein übermäßiges Beugen, Bücken oder Verdrehen der Wirbelsäule verlangen, dass genügend Pausen zwischen den Arbeitsaufgaben gegeben sind und die MitarbeiterInnen über das korrekte „Heben und Tragen“ informiert werden (vgl. Ilmarinen/Tempel 2002, 239-241).


Laut Maintz (2004, 45) sind Arbeitsbedingungen für ältere ArbeitnehmerInnen dann förderlich, wenn:

  • „Erfahrungswissen gefragt ist,
  • flexible (individuelle) Arbeitszeitmodelle in Anspruch genommen werden können,
  • die Arbeitsaufgaben zeitlich flexible Erledigung erlauben und
  • an die individuellen Leistungsvoraussetzungen angepasst sind,
  • mit Jüngeren in kollegialer Atmosphäre gearbeitet wird,
  • unternehmensseitig die Qualifizierung gefördert wird
  • und ein Klima der altersunabhängigen Wertschätzung der Persönlichkeit herrscht“.


Wissenschaftliche Studien belegen, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Arbeitsbewältigung gibt:
Ältere ArbeitnehmerInnen haben sich als gleichermaßen produktiv und professionell wie jüngere ArbeitnehmerInnen erwiesen (vgl. Ilmarinen 1999, 171-172). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Arbeitsfähigkeit eines Menschen von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhängt.